. Erster Zeitraum.
Rom unter Königen. (754—510 v. Chr.)
§. 11. Vomulus. 754—716.
Die Bevölkerung Roms war anfangs nur klein, erhielt
aber bald einen bedeutenden Zuwachs durch neue Ankömmlinge
aus der Umgegend. Romulus, der erste König, inachte nämlich
den capitolstischen Hügel zu einer Freistatt (Asyl) von Landes-
flüchtigen aus andern Städten Italiens. Hier fand Jeder, wel-
cher Lust hatte, Aufnahme und genoß des Schutzes der römischen
Anbauer: Freie und Sklaven, Schuldlose und Verbrecher ohne
Unterschied. Nur eines noch fehlte der jungen Bürgerschaft —
Weiber. Nomulus schickte deshalb Gesandte nach den benach-
barten Städten und ließ um Heirathsverträge anhalten; aber
überall wurden sie abgewiesen. Ja, man fragte sogar höhnisch:
warum zu Rom nicht auch für schlechte Weiber ein Asyl eröff-
net wäre; das erst würde Gleichheit in der Ehe bringen!
Hierüber entrüstete sich Romulus und nahm seine Zuflucht zu
einem Gewaltstreiche. Er veranstaltete zu Ehren des Gottes
Neptun ein glänzendes mit Aufzügen und Wettkämpfen verbun-
denes Fest, die Consualia, und ließ die Bewohner sämmtlicher
Nachbarstädte dazu einladen. Sie folgten dieser Einladung,
und vor Allen fanden sich die Sabiner mit ihren Weibern und
Töchtern zahlreich ein.' Und während sie nun alle in harmloser
Fröhlichkeit den Festlichkeiten zuschauten; da plötzlich stürzten auf
ein gegebenes Zeichen die rüstigsten Römer in den Haufen der
Zuschauer und raubten die Töchter der herübergekommenen Gäste.
Die bestürzten Eltern flohen jammernd und weheklagend nack-
allen Seiten auseinander.
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Neuerung und sagten: „der Kriegessold sei eine Last für das
Volk; die alten Soldaten, welche unentgeldlich gedient hätten,
würden es nicht zugeben, daß man die neuen auf ihre Kosten
bezahle." Als aber die Patricier zur Besoldung der Soldaten
sich selbst große Steuern ausiegten, und die reichen Plebejer ih-
rem Beispiele folgten, so hörte das Murren auf, und der Krieg
begann. In diesem Kriege unternahmen die Römer zum ersten
Male eine förmliche Belagerung in großartiger Weise, und
setzten diese Belagerung auch den Winter über fort. Zu
dem Zwecke wurden Zelte zu Winterquartieren erbauet. Ein
Damm mit hölzernen Wänden wurde vor den Mauern von Veji
aufgeführt, und auf demselben Sturmdächer errichtet. Allein die
Vejer vertheidigten sich tapfer, und der Krieg zog sich sehr in
die Länge. Nach manchen harten Unfällen ernannten endlich die
Römer im zehnten Jahre der Belagerung den M. Furius
E'amillus zum Dictator, und seitdem wurde der Krieg mit
größerer Kraft und glücklicherem Erfolge geführt. Mit einer
großen Streitmacht griff er zuerst die Bundesgenossen der Vejer,
die Falisker und Capenater, an und schlug sie entscheideud. Dann
rückte er vor Veji selbst und betrieb die Belagerung mit großem
Eifer. Er ließ einen unterirdischen Gang unter der Mauer her
graben, welcher in das Innere der Burg führen sollte. Tag
und Nacht, ohne Unterlaß, wurde hieran gearbeitet; man wußte,
daß Veji's Untergang nahe sei. Selbst der Glaube an Weissa-
gungen und Vorbedeutungen war hierbei von Einfluß für die
Römer. Ein gefangen genommener etruseischer Seher hatte
nämlich in Rom vor dem Senate erklärt: „die Schicksalsbücher
von Veji lehrten, so lange der Albanersee überströme, werde Veji
unüberwindlich sein; wenn sein Wasser das Meer erreiche, werde
Rom untergehen." Inmitten des Krieges begannen nun die Römer
mit Beihülfe ihrer latinischen Bundesgenossen und etruseischer
Werkmeister die überströmende Flut des Sees durch einen dreitau-
sendsiebenhundert Fuß langen, sechs Fuß hohen und viertehalb Fuß
breiten Abzugökanal (emissarwis) einzudämmen. Jetzt hielt man die
Einnahme der Stadt für gewiß, und als auch bereits die Mine bis
unter die Burg fortgeführt war, ließ der Dictator beim Senate
anfragen, wie es mit der Beute gehalten werden sollte. Es
wurde beschlossen, diese unter das Heer und alle diejenigen, welche
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nat überließ die Entscheidung dem Volke. Als dieses aber, statt
zu strafen, die Schuldigen zu Kriegstribunen für das nächste
Jahr ernannte; da kehrten die Unterhändler voll Erbitterung
und laut drohend zu den Ihrigen zurück. Mit reißender Schnel-
ligkeit drangen jetzt die Gallier vor und begegneten erst am
Flusse Alia, wenige Meilen von Rom, einem römischen Heere,
das in aller Eile zusammengerafft war. Hier erlitt dasselbe, fast
ohne Gegenwehr, eine gänzliche Niederlage. Beim Anblicke der
fremden gallischen Männer und ihrer barbarischen Bewaffnung
ward es vom plötzlichen Schrecken ergriffen und lösete sich in
wilde Flucht aufdie meisten flohen nach Veji und den be-
nachbarten Städten; nur wenige nach Nom selbst. Hier war
Alles voll Bestürzung und Schrecken. Der größte Theil der
Bevölkerung wanderte in die umliegenden Orte aus; nur
die wehrhafte Mannschaft und die Kräftigsten aus dem Senate
hielten das Capitol besetzt. Die Gallier erschienen vor Rom
und wurden überrascht, als sie die Stadt unbesetzt, die Thore
offen fanden. Noch höher aber stieg ihr Erstauneu, als sie beim
Einrücken in die öde menschenleere Stadt auf das Forum kamen.
Hier saßen in einer langen Reihe neben einander achtzig ehr-
würdige Greise, meistens Senatoren und Priester, in feierlicher
Amtskleidung, Jeder auf seinem curulischen Sessel, mit ernster
majestätischer Miene, entschlossen, den Untergang der Vaterstadt
nicht zu überleben. Die Gallier machten plötzlich Halt und stan-
den vor ihnen, wie vor Bildsäulen der Götter. Neugierig, ob
die unbeweglichen Gestalten wohl Leben haben mögten, wagte
endlich ein Gallier, den Senator Papirius beim Barte zu zu-
pfen. Der erzürnte Greis gab dem Verwegenen einen Schlag
mit seinem elfenbeinernen Scepter. Da aber wurde er, da wur-
den alle übrigen niedergehauen. Dann plünderte man die Stadt,
zündete sie an und verwandelte sie in einen schaudervollen Schutt-
haufen.
Nach der Verbrennung der Stadt belagerte Brennus das
Capitol. Durch Hunger wollte er es zur Übergabe zwingen,
l) Der Tag bei Alia (dies Aliensis), oder der 16. Juli, gehörte
seitdem zu den Unglückstagen, an denen keine öffentlichen Geschäfte vor-
genommen werden durften.
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Da aber geriet!) ganz Karthago in Wuth und Verzweif-
lung; Alle verwünschten und verfluchten den römischen Namen,
Alle schwuren, mit der Vaterstadt unterzugehen, und sofort be-
gannen die Nothanstalten der Gegenwehr. Die Thore wurden
verrammt, der Hafen mit einer langen Zugkette gesperrt, die Gie-
bel der Häuser abgetragen, um sie zum Schiffsbau zu gebrau-
chen. Ganz Karthago glich einer großen Werkstatt, in allen
Straßen wurde gehämmert, gehobelt, geschmolzen. Die Weiber
gaben ihr goldenes und silbernes Geschmeide zu Pfeilen hin, ja
sie schnitten ihr langes Haar ab, um Taue und Sennen aus
demselben zu flechten: eine halbe Million Menschen wetteiferte
in Darbringung freiwilliger Gaben und Opfer. Vor den Stadt-
thoren stand ihr Feldherr Hasdrubal mit einem Heere. Zwei
Jahre lang schlugen die Verzweifelnden mit Löwenmuth alle An-
griffe der Römer siegreich zurück. Die Kraft der Belagerten
schien täglich zu wachsen, fast zagten die Römer. In solcher
Bedrängniß wurde P. Cornelius Seipio Amilian us, der
als Kriegstribun im Heere mit Auszeichnung diente, im unge-
setzlichen Alter von 37 Jahren für das Jahr 147 zum Consul
erwählt und mit dietatorischem Oberbefehl ausgerüstet. Er stellte
die verfallene Kriegeszucht durch strenge Arbeiten her, schnitt
durch ein verschanztes Lager auf der Landenge alle Verbindung
mit dem festen Lande ab, sperrte den Hafen durch einen langen
Damm, den er in's Meer hineinführte, und wagte nun erst den
Sturm auf die ausgehungerte Stadt. Da endlich erlagen die
Karthager nach heldenmüthiger Gegenwehr dem Übergewicht an
Zahl und Kriegskunst. Ein furchtbares Gernetzel begann jetzt
an dem Hafen, in den Straßen, in den Häusern, sechs Tage
lang, mitten zwischen den Trümmern und Flammen der angezün-
deten Stadt. Siebenzehn Tage hindurch stand sie in heller Lohe.
Was des Römers Schwert nicht nahm, gab sich selbst den Tod;
Tausende stürzten sich jählings in die Flammen, unter ihnen
Hasdrubal's Weib und Kind, während er selbst sich zu den Fü-
ßen des Überwinders warf. Der edle Seipio vergoß bei dem
Anblick des namenlosen Elendes Thränen der Wehmuth, und,
selbst ergriffen von bangen Ahnungen über das künftige Schicksal
seiner eigenen Vaterstadt, sprach er, an der Seite seines Freun-
des Polybius, die homerischen Worte2):
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seinem Einzuge empfingen, ertönte bald in allen Straßen, in
allen Häusern ein gräßliches Jammergeschrei, dazwischen das
Geklirre der Waffen, das wilde Gewühl der plündernden und
mordenden Soldaten. In der Schlacht am collinischen Thore
hatten sich 8000 Samniter auf Gnade ergeben. Sulla ließ sie
alle, weil ihr ferneres Leben keinen Frieden verbürge, in die
Rennbahn treiben und Mann für Mann niederstoßen. Das
Wehegeschrei der Verurtheilten und Sterbenden war so laut, daß
es bis in den Tempel der Bellona drang, wo Sulla gerade den
Senat versammelt hatte. Vor Entsetzen fuhren alle Senatoren
todtenbleich von ihren Sitzen auf. „Nur ruhig — sagte Sulla
kalt, ohne eine Miene zu verziehen — es find nur einige Elende,
die auf meinem Befehl gezüchtigt werden," und setzte seinen Vor-
trag fort. Auf gleich gräßliche Weise ließ er in Präneste zwölf-
tausend Menschen hinrichten. Die Anhänger des Marius sollten
förmlich ausgerottet werden. Um aber nicht Freunde und Feinde
in dem wilden Soldatenfrevel zu vermengen, wurden Schrek-
kengerichte niedergesetzt, und Ächtungstafeln auf dem Fo-
rum ausgehängt, auf welchen die Namen derjenigen verzeichnet
waren (daher proseripti), welche zum Tode bestimmt waren D-
Zugleich wurde die Verordnung erlassen, daß Jeder, welcher
einen Proscribirten tödte, eine Belohnung von zwei Talenten
erhalte, wer ihn aber verberge oder ihm zur Flucht behülflich
sei, sein Leben verwirkt habe. Das Vermögen der Proscribirten
wurde für Eigenthum des Staates erklärt. Nun war jeden
Morgen eine neue Liste solcher Unglücklichen zu sehen. Auf der
ersten standen 80, auf der zweiten 220, auf der dritten eben so
viele; und im Ganzen sollen bloß aus der Zahl der Senatoren
und Ritter zweitausend proscribirt worden sein. Überall gab es
heimliche Späher und Angeber. Alle Bande des Blutes, der
Freundschaft, des Gastrechts, der Pietät wurden zerrissen; den
Hehler traf dieselbe Strafe wie den Geächteten, während der
Angeber einen Theil der Güter erhielt. Oft war Vermögen
allein der Grund, daß der Besitzer von einem Nichtswürdigen
der nach demselben lüsterte, als Verdächtiger angegeben wurde
3) Tabulam proscriptionis posuit, urbem et universam Italiam cae-
dibus replevit. Ljv. ep. Lxxxviii.
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Extrahierte Personennamen: Sulla Sulla Sulla Sulla Marius Marius Lxxxviii
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Soldaten des Sulla und aus der ganzen Hefe des Volkes be-
reits ein Heer von 12,000 Mann um sich gesammelt. Alle
warteten auf das Signal von Catilina.
Indessen hatte der Consul Cicero, vorzüglich durch Fulvia,
alle Entwürfe und Verzweigungen der Verschwörung auf das ge-
naueste erfahren, und traf die nöthigen Gegenanftalten. In Rom
selbst wurden überall Wachen ausgestellt; und die ganze Stadt
gerieth in die äußerste Bestürzung und Trauer, da sie den ei-
gentlichen Grund zu so außerordentlichen Sicherheitsmaßregeln
noch nicht wußte. Bereits am 7. November begaben sich der
Senator L. Varuntejus und der Ritter C. Cornelius, welche
die Rolle übernommen hatten, den Cicero zu ermorden, nach
dem Hause desselben, angeblich, um ihm den Morgengruß zu
bringen; sie wurden aber nicht vorgelassen, da Cicero ihren
Plan schon kannte. Am folgenden Tage versammelte Cicero in
dem Tempel des Jupiter Stator den Senat und fand zu seinem
nicht geringen Befremden auch den Catilina daselbst; aber alle
Senatoren waren von ihren Sitzen weggerückt, Keiner wollte
seinen Platz neben ihm haben. Mit donnernder Beredsamkeit
fuhr Cicero (in der 1. Catil. Rede 8. Nov. 63) den Catilina
an, enthüllte alle seine Plane und forderte ihn auf, die Stadt
zu verlassen. Dennoch hatte der entlarvte Hochverräther die
Frechheit, mit der Miene der Unschuld und Arglosigkeit sich zu
vertheidigen und zu bitten, an solche Beschuldigungen gegen ihn
nicht zu glauben. Als aber seinen Worten kein Gehör gegeben
wurde, und ihm von allen Seiten der Ruf: „Mörder! Verrä-
ther!" entgegentönte, da endlich stürzte er wüthend und unter-
schrecklichen Drohungen aus der Versammlung.
Nach gepflogener Vereinbarung mit seinen Anhängern eilte
er schon in der nächsten Nacht mit einer bewaffneten Bande von
300 Mann nach Eetrurien, um das Heer, welches Manlius
dort für ihn geworben hatte, herüberzuholen. Cicero setzte in
einer zweiten Rede das Volk hievon in Kenntniß, und traf
gegen den Feind des Vaterlandes die nöthigen Maßregeln. Es
wurden Truppen ausgehoben, und dem Antonius, der für die
Sache der Republik wieder gewonnen war, der Heerbefehl über-
tragen; Cicero selbst blieb in Rom, um die Stadt zu schirmen.
Hier setzten die zurückgebliebenen Verschworenen ihre Bemühun-
17*
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Extrahierte Personennamen: Sulla Catilina L._Varuntejus C._Cornelius Cicero Cicero Catil Hochverräther Antonius
235
allein er nahm sie nicht. Alle sollten sehen, wie Rom seinen
Retter und Wohlthäter belohnt habe, und glühend vor Rache zog
er mit seiner Bande dahin. Auch der kühne Demokratenführer
Sertorius war bereits mit seiner Schar vor Rom angekom-
men, und die Stadt wurde von allen Seilen ans das engste ein-
geschloffen. Sie war auf keine Belagerung gefaßt, und grenzen-
los war die Verwirrung und Nathlofigkeit. Scharenweise stürz-
ten die Sklaven aus den Thoren und verbanden sich mit den
Feinden. Endlich, als auch Hungersnoth und Seuche ausbrach,
faßte der Senat den Beschluß, mit Cinna wegen des Friedens
zu unterhandeln und schickte deshalb Gesandte in sein Lager.
Cinna empfing sie mit der Frage, ob sie zu ihm als einem Con-
sul oder als Privatmann kämen; und als sie hierauf nicht zu
antworten wußten, entließ er sie sogleich. Da legte Merula
freiwillig sein Consulat nieder; und nun konnte der Senat den
Cinna als Consul anerkennen und von neuem mit ihm unter-
handeln. Dieser saß auf seinem curulischen Sessel, das Scepter
in der Hand, umgeben von dem ganzen Glanze seiner consula-
rischen Würde, als die zweite Gesandtschaft vor ihm erschien.
Schweigend, aber verächtlich lächelnd stand Marius neben dem
curulischen Sessel, als die Gesandten im Namen des Senats den
Consul demüthigst baten, von der Stadt Besitz zu nehmen, aber
Milde und Schonung walten zu lassen. Dieses versprach er und
hielt seinen Einzug. Marius mit seiner Bande rückte nach,
machte aber plötzlich vor dem Thore Halt und rief mit bitterem
Hohne: „Verbannte dürfen nicht in die Stadt treten!" Da ver-
sammelten die Tribunen schnell das Volk, um die Verbannung
des Marius und der übrigen Geächteten aufzuheben. Aber kaum
hatten einige Tribus gestimmt, da übermannte ihn die Wuth,
und er brach auf. Zum Entsetzen war sein Einzug. Vor und
hinter ihm gingen die wilden Rotten seiner Bardiäer; auf wen
er zeigte, den hieben sie nieder. Auf dem Forum standen viele
Senatoren, ihn zu empfangen; ein Wink, und sie wurden nieder-
gehauen. Auch der Consul Octavius fand den Tod, und sein
Kopf wurde neben den Köpfen der erschlagenen Senatoren vor
der Rednerbühne aufgesteckt. In Verzweiflung gaben sich viele
selbst den Tod, unter ihnen der Consular Merula. Dann ordnete
Marius einzelne Banden seiner Bardiäer in die Häuser aller
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Extrahierte Personennamen: Sertorius Merula Marius Marius Marius Marius Marius Marius Marius Marius
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derjenigen ab, die für Anhänger des Sulla galten. Die Häuser
wurden geplündert, die Bewohner erschlagen, und ihre Leichname
in die Straßen den Hunden und Raubvögeln hingeworfen. Sulla
selbst wurde für einen Feind des Vaterlandes erklärt, sein Haus
geplündert und zerstört; nur mit genauer Noth hatten dessen Weib
und Kinder ihr Leben durch die Flucht gerettet. Fünf Tage hindurch
dauerte das Blutbad und die Plünderung, so daß Cinna selbst, das
arme Vaterland bemitleidend, in einer Nacht jene Mörder ergriff
und 4000 derselben vernichtete. Nach den unmenschlichsten Grau-
samkeiten machten sich Marius und Cinna selbst zu Consuln für «
das Jahr 86. Doch nur st'ebenzehn Tage verwaltete Marius
sein siebentes Consulat. Erschöpft von den vielen Anstrengungen
und gepeinigt von bangen Ahnungen und schreckenvollen Erinne-
rungen, die er durch Trunk und Schwelgerei vergeblich zu be-
täuben suchte, starb er, 70 Jahre alt, ehemals der Retter, dann
der Fluch seines Vaterlandes O- An seine Stelle trat Valerius
Flaccus als Ersatzconsul. Als nun die Partei des Sulla in
Rom und ganz Italien theils vernichtet, theils durch Schrecken
gelähmt war, faßte Cinna den Plan, mit Heeresmacht nach Grie-
chenland überzusetzen und dort mit seinem Todfeinde selbst anzu-
binden. Schon wurden in Ancona Anstalten znr Überfahrt ge-
macht, da entstand ein Aufruhr unter den Soldaten, und Cinna
wurde ermordet (84). Mit ihm verlor die Volkspartei ihr lei-
tendes und den nahenden Gefahren gewachsenes Oberhaupt.
Während jener Schreckensregierung des Marius und seiner
Anhänger stand Sulla in Griechenland und kämpfte mit Glück
gegen die Feldherrn des Mithridates. Weder persönliches Rache-
gefühl , noch die beständigen Aufforderungen und Bitten der in
sein Lager geflüchteten Aristokraten konnten ihn zur Rückkehr be-
wegen. Er erklärte feierlich: „erst wolle er den Feind des rö-
mischen Volkes besiegen, dann kommen, um Rache an dem seini-
gen zu nehmen." Er hatte den pontischen Feldzug mit der Be-
lagerung Athens eröffnet, welches von Archelaus, dem Oberan-
führer der königlichen Truppen, zu seinem Hauptwaffenplatze
war ausersehn worden. Eine entsetzliche Hungersnoth zwang
') Vir, cujus si examinentur cum virtutibus vitia, haud facile sit
dictu, utrum bello melior, an pace perniciosior fuerit. Liv, epit. Lxxx.
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Extrahierte Personennamen: Sulla Sulla Marius Marius Marius Marius Valerius
Flaccus Sulla Marius Marius Sulla Lxxx
Extrahierte Ortsnamen: Rom Italien Ancona Griechenland Athens
344
Claud. Tacitus (Sept. 275 — Apr. 276), ein Ver-
wandter des berühmten Geschichtschreibers Tacitus, vom Senate
gewählt und vom Heere bestätigt wurde. Er vertrieb die Ala-
nen aus Kleinasien, fand aber während des Feldzuges seinen
Tod in Tyana. Seinen ihm unähnlichen Bruder Florianus,
der sich nach ihm den Thron anmaßte, ermordeten die Soldaten
schon nach drei Monaten und erkannten den von den syrischen
Legionen erwählten Pannonier
Aurelius Probus (276 — 282) als Kaiser an. Dieser
war ein Mann, der mit Aurelian's großem Feldherrntalente
Milde und edle Gesinnung verband 7). Die Sorge für die Ci-
vilverwaltung überließ er dem Senate, stellte dadurch das An-
sehen desselben wieder her und behielt, wie es seine Würde und
sein Name mit sich brachten, den Oberbefehl über die Heere für
sich. Er sicherte die Grenzen am Rhein und an der Donau,
indem er die Barbaren zurückdrängte, einen Theil derselben zu
neuen Ansiedelungen verpflanzte und von Regensburg bis Wim-
pfen am Neckar einen durch Mauern, Gräben und Castelle be-
festigten Wall zur Schutzwehr gegen sie erbauen ließ, der unter
dem Namen Teufelsmauer noch jetzt theilweise sehr bemerk-
bar ist. Auch im Osten schützte er die Reichsgrenzen gegen die
Perser. Während des Friedens hielt er die Legionen, um sie
zugleich vom verderblichen Müßiggänge abzuhalten, zu nützlichen
Arbeiten an. Er ließ durch sie am Rhein und in Pannonien
Weinberge anlegen, Brücken, Kanäle und Straßen bauen, Süm-
pfe trocken legen; er ging sogar mit dern Gedanken um, die ste-
henden Heere gänzlich abzuschaffen. Die Soldaten waren höchst
aufgebracht, daß sie beständig in den Gefahren der Schlachten
oder in schweren Arbeiten gehalten wurden; und als sie wieder
bei Sirmium, der Vaterstadt des Kaisers, einen großen Sumpf
trocken legen sollten, erhoben sie einen Aufstand, in welchem der
Kaiser erschlagen, und der Befehlshaber der Leibwache
Aurelius Carus (282—284) als sein Nachfolger ausge-
rufen wurde. Dieser ernannte seine beiden Söhne, den laster-
haften Carinus und den gelehrten Numerianus zu Cäsaren. Der
erstere blieb im Abendlande; Numerianus aber begleitete seinen
7) De quo dictum est, ut Probus diceretur, etiamsi Probus nomine
non fuisset, Vopiscus Florian, c. 3,
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383
die durch Cäsar ihre völlige Ausbildung erhielt. Gegen das
Ende der Republik hörte die Verpflichtung zum Kriegsdienste
für die Staatsbürger, und später selbst für die Bundesgenossen
auf; und die Legionen wurden aus Miethsoldaten der verschie-
densten Länder gebildet. Die Kaiser errichteten sich eine stehende
Leibwache.
Den Oberbefehl führten die höchsten Magistrate, die Kö-
nige, Consuln, Diktatoren, Prätoren, Kaiser, unter welchen wie-
der mehre Legaten als Unterbefehlshaber oder auch als Stell-
vertreter des eigentlichen Feldherren standen. Die Legion wurde
angefühkt von Kriegsobersten (tribuni militum), unter diesen
standen die Hauptleute ( eenturiones) der einzelnen Ceuturien.
Unter diesen war der Centurio der ersten Centurie der Triarier,
der s. g. primus pilus, der angesehenste. Die Befehlshaber der
Bundestruppen hießen kraeleeti. — Höchst selten wurden die
Soldaten auf dem Marsche oder bei längerem Verweilen in
einer Gegend in Städte einquartirt. In der Regel schlugen
sie ein Lager auf, das bei längerem Aufenthalte auch durch
Graben, Erdwall und Schanzpfähle befestigt wurde. Ein solches
Standlager bildete gewöhnlich ein Viereck, hatte vier Thore, und
diese sowohl, als die Wälle waren Tag und Nacht mit Wachen
besetzt. Die Soldaten lagerten je 10 in Zelten, welche man im
Winter gewöhnlich mit Fellen bedeckte. Das Zeichen zum Auf-
bruche gab der Feldherr durch Aufstecken einer Fahne und das
s. g. Classicum. Dann wurden die Zelte abgebrochen und das
Gepäck zusammengebracht. Sehr erfahren waren die Römer in
der Belagerungskunst. Die befestigte Stadt wurde mit einer
Circumvallationslinie eingeschlossen. Diese bestand aus einem
Graben und Walle, hinter welchen die Soldaten lagerten, und
einem Damm (agger) aus Rasen und Holz, der quer vom
Walle ab bis zur Stadtmauer gezogen wurde. Auf diesem
Damme wurden die Sturmmaschinen gegen die Stadtmauer in
Bewegung gesetzt. Die bedeutendsten derselben waren hölzerne,
aus mehren Stockwerken bestehende Thürme, von welchen man
mit großen Wurfmaschinen Steine, Pfeile, Brandspieße oder
brennende Stoffe auf die Feinde schleuderte. Ein anderes Be-
lagerungswerkzeug war der Mauerbrecher (aries), ein schwer in
Ketten Hangender Balken, vorn mit Eisen beschlagen, der mit
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